Montag, 11. Dezember 2017

Team Keaton

Wenn mich in den vergangenen Monaten etwas Nicht-Persönliches berührt hat, dann ist das die Geschichte von Keaton Jones. Keaton ist ein kleiner Junge aus Tennessee, und er hat der Welt etwas zu sagen. Deswegen hat er seine Mutter gebeten, ihn mit dem Smartphone zu filmen. Unter Tränen erzählt er davon, wie er immer und immer wieder von anderen Schülern drangsaliert wird, wie sie ihn quälen, sich über sein Aussehen lustig und ihm das Leben zur Hölle machen. "Menschen, die anders sind, brauchen deshalb nicht kritisiert zu werden", sagt er unter anderem. "Es ist nicht ihre Schuld."

Ich stelle das Video hier bewusst nicht dazu, weil es wirklich dazu angetan ist, einem das Herz zu brechen - hier ist es zu finden. Innerhalb weniger Tage hat der Junge, der keine Freunde hatte, den größten Freundeskreis der Welt bekommen. Ungezählte Menschen solidarisieren sich mit ihm per Twitter und Facebook, aber sie besuchen ihn auch zu Hause in Tennessee. Unter ihnen sind ein Dutzend prominenter Sportmannschaften, deren bekannteste Spieler, aber auch erfolgreiche Musiker und Schauspieler, unter anderem ungefähr der komplette Cast von "Avengers: Infinity War".

Die gute Nachricht: Keaton kann wieder lachen - und einen Tweet dazu stelle ich gerne hier ein:
Und er ist zum Vorbild, zur Stimme für all jene geworden, denen es so ergeht wie ihm, die in sehr jungen Jahren schmerzhaft lernen, wie grausam die Welt und die Menschen darin sein können. Beeindruckender kleiner Kerl.

Warum mich seine Story so berührt? Weil sie mich an weniger lustige Zeiten erinnert, die ich selbst erlebt habe, als ich in seinem Alter war. Ich spreche darüber nicht besonders gern, habe sogar die Klappe gehalten, wenn andere mutiger waren und ihre entsprechende Geschichte erzählt haben. Vermutlich habe ich diese Erfahrungen auch ein bisschen verdrängt. Nun wurde ich dieses Jahr zum dritten Mal daran erinnert und kann bestätigen, dass es irgendwann besser wird. Der Schlüssel ist Selbstbewusstsein (und zwar im Wortsinn, aber auch in der klassischen Bedeutung).

Jeder Mensch ist etwas wert. Ob er ein Keaton ist oder einem Keaton begegnet - es ist wichtig, sich das ab und zu ins Bewusstsein zu rufen.

(Kleines Update: Natürlich ist dies das Internet, und natürlich hat das Leben immer zwei Seiten. Inzwischen wurden Fotos und Screenshots veröffentlicht, die Keatons Mutter als zumindest sehr reaktionär darstellen. Außerdem hat jemand unter ihrem Namen eine Spendensammlung eröffnet.

Dazu ist zu sagen, dass die Familie abstreitet, etwas mit dem Spendenaufruf zu tun zu haben, und es vergleichsweise einfach ist, sich online als jemand anderes auszugeben. Und zum erstgenannten Vorwurf genügt mir persönlich das Foto im Tweet. Sieht für mich nicht nach Rassismus aus. Zumal wir über einen kleinen Jungen reden, der viel durchgemacht hat, nicht darüber, welche Fehler seine Mutter begangen haben mag. Haters gonna hate. Mehr dazu gibt's hier.

Noch ein kleines Update (und mich ärgert, dass das nötig ist): Mittlerweile erlebt die Familie einen Shitstorm, steht also zwischen zwei Wellen, und das ist sehr unnötig. Grundsätzlich geht es einfach um einen kleinen Jungen, der gemobbt wurde. Wer an Fakten interessiert ist, sollte sich das hier anschauen. Und es ansonsten so halten:
Und so:
Mehr ist dazu eigentlich nicht zu sagen.)