Freitag, 27. September 2013

Herzensangelegenheiten

"Lieblingsmusik ist einfach die Musik, die einem gefällt", behauptete einst ein damaliger Freund. Und hatte Unrecht. Denn Lieblingsmusik ist soviel mehr.

Lieblingsmusik schaltet Stimmungen ein und aus. Sie macht aus traurigen Verlierern in drei Minuten breit grinsende Gewinner. Sie zieht uns hoch und runter, prügelt uns durch, streichelt uns und verändert die Welt.

Sie verstärkt Gefühle und hilft dabei, sie zu unterdrücken. Sie gibt Glaube, Liebe, Hoffnung und sorgt dafür, dass wir noch etwas länger durchhalten. Sie lässt uns tanzen und weinen, manchmal nacheinander, selten gleichzeitig, oft in umgekehrter Reihenfolge.

Sie ist das Licht im Dunkel und der dunkle Fleck in der Vergangenheit. Sie ist dabei, wenn wir Freunde kennen lernen oder verlieren, untermalt Action- und Liebesszenen, dröhnt im Kopf und aus den Boxen. Sie macht aus falschen Augenblicken richtige.

Sie verbindet Menschen und Verletzungen, schafft Gemeinschaft und zerstört Einsamkeit. Sie wird gebraucht und vermisst, sie wartet und lebt in der Erinnerung.

Sie macht, "dass es doppelt so weh tut". Sie macht, "dass es nicht mehr so schmerzt". Singt Pohlmann. Der das alles offenbar besser verstanden hat als oben erwähnter Freund.

Dies sollte uns übrigens Geld wert sein. Wir sollten Alben kaufen - am besten als "physischer Tonträger", aber meinetwegen auch als bezahlter Download. Wir sollten Konzerte besuchen. Denn die Jungs und Mädels, die Damen und Herren, die unsere Lieblingsmusik spielen, leben davon.

Wer sich im Netz umschaut oder durch Musikzeitschriften blättert, stößt ständig auf neue Hiobsbotschaften oder verwirrende, weil widersprüchliche Meldungen, wenn es um die Zukunft zu erwerbender Musik geht. CD-Verkäufe auf Talfahrt, Runterlader werden mehr, Vinyl-Freunde bleiben tapfer, Tourneen bringen Umsatz oder werden abgesagt. So richtig weiß keiner, wohin die Reise führt.

Selbst ernannte Experten starren in milchige Glaskugeln statt sich darauf zu konzentrieren, worum es geht. Musik muss wieder etwas wert sein. Sie darf nicht zur "akustischen Tapete" (Farin Urlaub) verkommen, sondern soll ein Kulturgut bleiben. Mit Betonung auf "gut".

Einmal mehr kann jeder von uns mithelfen, den Planeten ein bisschen besser zu machen (oder zumindest: besser klingen zu lassen). Einfach mal wieder ein Album kaufen (gerne im kleinen Plattenladen), wenn einem ein Song gefällt. Es mit nach Hause nehmen, sich bewusst anhören, auf Arrangements, Bassläufe, Rhythmuswechsel, Texte achten, nochmal und immer wieder spielen, in den Alltag fließen lassen. Musik zur Lieblingsmusik machen.